Hinweis: Dieser Artikel stellt eine Individuelle Einschätzung dar und repräsentiert nicht die Meinung von F3L!
Die aktuellen Diskussionen um ein “Leistungsschutzrecht” (bzw. “Lex Google”) sprechen eine eindeutige Sprache: Die Einnahmen und Rücklagen der großen Zeitungsverlage schrumpfen, Schuld ist das Internet.
Unterstützt werden die Forderungen durch offensichtliche Fakten: Die Verkaufszahlen von Tageszeitungen (hier die Quartalszahlen aus Berlin für 2012-1 im Vergleich zu 2010) sinken stetig und schnell, und so manche Lokalredaktion überlebt nur durch eine Kooperation mit der Konkurrenz. So viel zur Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.
Sieht man sich die Daten jedoch einmal genauer an, fällt einem eines auf: nicht alle Zeitungen leiden, die Financial Times hat gar ein Wachstum von fast 25%, auch andere – nennen wir sie – “Qualitätszeitungen” (FAZ,Handelsblatt, etc – mit solchen Begrifflichkeiten möchte ich nicht die journalistische Qualität anderer Presseverantwortlicher diffamieren, sie stammen lediglich aus meinen Sprachgewohnheiten) konnten ihren Absatz stärken. Den Rückgang bei “Boulevardblättern” und Lokalzeitungen erkläre ich mir mit genau dem Grund, der Ihnen so lange Erfolg bescherte:
- Lokalzeitungen haben ihre Stellung dadurch erhalten, dass sie Nachrichten präsentierten, die in einem beschränkten Umfeld relevant waren. Diese Aufgabe übernimmt inzwischen der ganz persönliche Freundeskreis (bzw. dessen Sensationslust) auf verschiedensten sozialen Plattformen, noch dazu schneller und umsonst.
- Boulevardzeitungen sind weniger regional, ihr Vorteil lag in Kürze und Einfachheit der Texte. Dass man Nachrichten von aus dem achten Stock stürzenden Kindern und Haiangriffen, oder Kurzzusammenfassungen des letzten politischen Fauxpas gibt es bekanntermaßen im Internet in Hülle und Fülle.
Oder kurz: doch, das böse Internet ist schuld. Sagen die Zeitungen.
Ich denke jedoch: Das größte Problem der absteigenden Zeitungen ist, dass sie das Internet als Geschäftsfeld zu lange vernachlässigt haben. Dabei könnten gerade Lokalzeitungen diesen angeblich Fluch durchaus zu ihrem Vorteil nutzen. Sei es durch Einbindung verschiedener Twitter-Feeds/Facebook-Kommentaren zu aktuellen Ereignissen als eine Art “Amateur-Echtzeitjournalismus” mit gleichzeitig (am besten in Echtzeit) entwickeltem Hintergrundartikel, oder durch Anbieten weiterer Zusatzinformationen zu Artikeln, die aus Platzmangel nicht direkt gedruckt werden konnten. Tatsache ist, dass bereits seit geraumer Zeit ist ein Interessenzuwachs an Qualitätsjournalismus zu beobachten ist. Die Stärke der Medien ist ihre Kompetenz, Informationen zu besorgen und aufzuarbeiten, an die eine Privatperson aus Zeitmangel oder einfach Situationsbedingt nicht herankommt. Das Offensichtliche erfährt man inzwischen aus verschiedensten einfachen Quellen umsonst. Also, liebe Zeitungsmacher: Traut euch was, und versucht, euer Online-Angebot aufzufächern.
Ein schönes Beispiel für ein Medium, das den Sprung ins Netz erfolgreich vollzogen hat, ist der Spiegel. SPON (Spiegel-Online) gehört mittlerweile zu den Nummer-Eins-Adressen für tatsächliche Hintergrundberichte, der Spiegel selbst als Printausgabe hält sich eher an die aktuelle öffentliche Meinung.